Ungefähr zweieinhalb Wochen ist es her, da übernahmen in den deutschen Karnevalshochburgen die Narren die Regierung. Von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch regierten die Unvernunft, das Vergnügen, die Maßlosigkeit, der Spaß, der Unsinn. Und während die einen dabei ihre Freude hatten, haben weniger karnevals-affine Regionen vermutlich verständnislos den Kopf geschüttelt.
Nun bin ich selbst zwar wahrhaftig kein Karnevalist, aber aus ‚gegebenem Anlass‘ will ich mich heute einmal über die Sinnhaftigkeit einiger vor allem in Köln gängiger Wendungen auslassen. Dort gibt es nämlich folgende Lebensweisheiten:
1. Jede Jeck is anders – Jeder Narr (also Mensch) ist anders
2. Levve und levve losse! – Leben und leben lassen
3. Et es wie et es – Es ist wie es ist
4. Et kütt wie et kütt – Es kommt wie es kommt
5. Jedem Dierche sing Pläsierche – Jedem Tierchen (also auch Menschen) seinen Spaß
Nun spricht aus diesen Worten zum einen die schon fast sprichwörtliche rheinische Frohnatur, die wohl auf einer großen Portion Gelassenheit basiert. Zum anderen scheint der Kölner an und für sich aber etwas verinnerlicht zu haben, was ich in meinen Workshops immer wieder versuche zu vermitteln: Er lebt protestfrei oder versucht es zumindest.
Denn ein Protest ist nichts anderes als die Verurteilung einer Situation oder eines anderen Lebewesens. Und – es wird Ihnen aufgefallen sein – sämtliche oben genannten Aussagen, rufen zu Toleranz gegenüber anderen und Unabänderlichem auf. Damit sind die Rheinländer dem Großteil der bundesdeutschen Bevölkerung ein gutes Stück voraus, denn Proteste blockieren uns nur. Vielleicht sind es ja diese fehlenden Blockaden, die es Jahr für Jahr möglich machen, dass hunderttausende von Jecken zumeist friedlich miteinander feiern, obwohl oder gerade weil jeder anders ist.
In diesem Sinne sende ich Ihnen
ein reichlich verspätetes Alaaf (oder Helau)
Ihr Andreas Nemeth